Maschinenrichtlinie und Lockout-Tagout: Wie ergänzen sie sich?

Maschinenrichtlinie und Lockout-Tagout: Wie ergänzen sie sich?

 

 

Jeder, der in Europa mit Maschinen arbeitet, muss die Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) einhalten. Diese Vorschrift verlangt, dass Maschinen in einem sicheren Zustand konstruiert und bereitgestellt werden, bevor sie in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden. Der Hersteller trägt die Verantwortung, Sicherheit in das Design zu integrieren, doch sobald die Maschine in Betrieb ist, liegt die Verantwortung beim Arbeitgeber, die Sicherheit während des täglichen Betriebs und bei Wartungsarbeiten zu gewährleisten. Hier kommt Lockout-Tagout (LOTO) ins Spiel.

 

Die Maschinenrichtlinie zielt darauf ab, Risiken bereits in der Konstruktionsphase so weit wie technisch möglich zu eliminieren. Dazu gehören feste Schutzeinrichtungen, die den Zugang zu gefährlichen beweglichen Teilen verhindern, Not-Halt-Taster und Verriegelungssysteme, die den sicheren Zugang zu Maschinen ermöglichen. Das Prinzip besteht darin, Gefährdungen zu verringern, bevor die Maschine überhaupt eingeschaltet wird. Doch das Design allein kann nicht alle Risiken ausschließen. Während Wartung, Reinigung oder Reparatur enthalten Maschinen weiterhin Energiequellen wie Elektrizität, Hydraulik, Druckluft, Wärme oder gespeicherte Bewegungsenergie. Diese müssen vollständig isoliert werden, um Beschäftigte zu schützen. LOTO bietet hierfür ein klares und praxisgerechtes Verfahren, mit Vorrichtungen und Abläufen, die die Energieisolierung sichtbar und überprüfbar machen.

 

LOTO funktioniert, indem Energie-Isoliervorrichtungen in der „Aus“-Position blockiert werden, beispielsweise Hauptschalter, Leistungsschalter oder Ventile. Mit einem Vorhängeschloss und einem Tag wird sichergestellt, dass niemand die Maschine erneut starten kann, solange derjenige, der die Arbeit ausführt, das Schloss nicht entfernt hat. Dadurch werden unbeabsichtigtes Anlaufen, Freisetzung gespeicherter Energie oder das Risiko, in einem Gefahrenbereich eingeschlossen zu werden, zuverlässig verhindert. Da jeder Beschäftigte ein persönliches Schloss anbringt, behält er die volle Kontrolle über seine eigene Sicherheit. Eine Wiedereinschaltung ist erst möglich, wenn alle Schlösser entfernt wurden. Auf diese Weise verhindert LOTO unmittelbar die häufigsten Ursachen schwerer Unfälle bei Wartungsarbeiten: unerwartetes Anlaufen, Bewegung von Maschinenteilen und Freisetzung gefährlicher Energie.

 

Ein verbreitetes Missverständnis ist, dass eine CE-gekennzeichnete Maschine automatisch auch während der Wartung sicher sei. Tatsächlich bestätigt die CE-Kennzeichnung lediglich, dass die Maschine zum Zeitpunkt ihrer Herstellung die Anforderungen der Richtlinie erfüllte. Sie beseitigt jedoch keine Gefahren wie Restdruck oder plötzlich eintretende Bewegungen. Viele schwere Unfälle ereignen sich gerade während Instandhaltungsarbeiten aufgrund dieser Risiken. Deshalb ist LOTO als tägliche Schutzmaßnahme unverzichtbar, um die grundlegende Sicherheit, die in der Maschine eingebaut ist, zu ergänzen.

 

Für HSE-Manager bedeutet dies, dass sowohl konstruktive Sicherheit als auch betriebliche Sicherheit Teil des unternehmensweiten Sicherheitskonzepts sein müssen. Gefährdungsbeurteilungen sollten ausdrücklich auch Wartungsarbeiten berücksichtigen, und klare LOTO-Verfahren, Schulungen und Kontrollmechanismen sind erforderlich, um nachzuweisen, dass die Energieisolierung unter Kontrolle ist. Für Einkäufer reicht die CE-Kennzeichnung allein nicht aus, wenn sie Maschinen auswählen. Sie müssen zusätzlich prüfen, ob Anlagen zuverlässig verriegelt werden können. Dazu gehört die Verfügbarkeit von Hauptschaltern, Absperrstellen und Ventilen, die mit LOTO-Vorrichtungen abschließbar sind. Fehlen solche Einrichtungen, können später kostspielige Nachrüstungen erforderlich sein.

 

Die Maschinenrichtlinie und Lockout-Tagout sind keine getrennten Systeme, sondern zwei Bestandteile einer einheitlichen Sicherheitsstruktur. Die konstruktive Sicherheit reduziert Risiken an der Quelle, während LOTO im laufenden Betrieb Schutzmaßnahmen bietet. Gemeinsam schaffen sie ein robustes und praxisgerechtes Konzept, das sowohl die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben als auch den Schutz der Beschäftigten gewährleistet.

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